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2010-07-20

The German Internet Power Switch

BERLIN. Zu den Forderungen im 15-Punkte-Sofortprogramm zur Bekämpfung der Internetkriminalität des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), unter anderem nach einem „Reset-Knopf“, um Deutschland im Ernstfall sofort „vom Netz nehmen“ zu können, erklärt der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ und im Unterausschuss „Neue Medien" Jimmy SCHULZ:
 
Herr Jansen, der BDK-Vorsitzende, besitzt offenbar mehr Humor als gedacht. Auf die Idee zu kommen, das deutsche Internet abzuschalten, zeugt vielleicht von Kreativität- diese Idee auch noch zu veröffentlichen, zeugt von Mut. Vor allem aber von Unwissenheit: Die Folgen der Umsetzung wären verheerend. Außer ernsthaften wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen und komplettem Chaos würde eine solche Möglichkeit eine unzulässige Machtkonzentration im Kanzleramt bedeuten.
Die Forderung nach einer verpflichtenden Registrierung bei einer staatlichen Stelle, wenn man im Internet etwas kaufen möchte würde zu eine schwierigen Lage führen. Natürlich braucht der Gemüsehändler um Gemüse auf dem Markt zu verkaufen eine Lizenz, aber doch nicht derjenige der eine Gurke kaufen will!
Wir müssen zuerst die Chancen die uns das Internet bietet sehen. Auch der Bundesinnenminister hat das in seinen 14 Thesen zu Netzpolitik erkannt. Das Internet als „größten Tatort der Welt“ zu bezeichnen, verleitet zu Fehlvorstellungen. Gesetze gelten im Internet in gleicher Weise wie in der realen Welt. Außerdem werden nach meinem Kenntnisstand im Internet prozentual mehr Straftaten aufgeklärt als in der realen Welt. Wir brauchen deshalb keine Internetpolizei, die aktuellen Befugnisse zur Strafverfolgung reichen aus, sie müssen nur konsequent angewendet werden. Dazu müssen die IT-Kompetenz und IT-Ausstattung der Polizei weiter gestärkt werden.
Neue Kompetenzen hingegen, wie die vom BDK geforderten Ermächtigungsnormen mit denen Trojaner, Viren und Schadprogramme von privaten Rechnern entfernen dürfen“ wären - abgesehen von den Problemen bei der Durchführung solcher Maßnahmen - ein datenschutzrechtlicher Albtraum.
Diese massive Verletzung der Privatsphäre ist nur noch vergleichbar mit dem Durchwühlen privater Tagebücher ohne Durchsuchungsbefehl. Das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme wäre hier aufs Schärfste verletzt.
Das Internet ist das freiheitlichste Kommunikations-Medium der Welt, und somit Garant der Freiheit. Diese darf auch nicht zugunsten der Sicherheit - unverhältnismäßig eingeschränkt werden.
 

2010-07-15

Rede zur Online Durchsuchung

Rede zu Antrag 17/2423 (Die Linke):
Befugnis des Bundeskriminalamts zur online-Durchsuchung aufheben
[zu Protokoll]

In der Bekämpfung des Terrorismus ist es äußerst wichtig, dass unsere Grundrechte niemals untergraben werden. Andernfalls ist der Kampf bereits durch eigenes Tun verloren. Das Bundeskriminalamtgesetz, das Ende 2008 verabschiedet wurde, hat dem Bundeskriminalamt erhebliche und nie dagewesene Kompetenzen zur Terrorabwehr eingeräumt, inklusive des verdeckten staatlichen Zugriffs auf fremde informations-technische Systeme über Kommunikationsnetze: die Online-Durchsuchung. Bekanntermaßen ist die FDP überaus skeptisch auf diesem Gebiet, denn wie von dem ehemaligen FDP-Bundesinnenminister Baum erwähnt, besteht die Gefahr einer schleichenden Erosion der Grundrechte.

Und wirklich bestehen bei der Online-Durchsuchung aus unserer Sicht erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Insbesondere bei dieser Maßnahme wird der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung in unerträglicher Weise eingeschränkt. Unsere Beschwerden zur Änderung des BKA-Gesetzes und insbesondere gegen die Online-Durchsuchung haben wir bereits in unserem Entschließungsantrag (16/10851) in der letzten Wahlperiode erwähnt, und wir haben die Online-Durchsuchung sehr deutlich abgelehnt. In der letzten Wahlperiode war aber eine Mehrheit der Mitglieder des Bundestags für diese Praxis, und zur Demokratie gehört es auch, Mehrheitsentscheidungen des Bundestages zu respektieren.

Die Bürgerrechte liegen uns sehr am Herzen, deswegen war es uns wichtig, die Reform dieser Befugnisse für das BKA im Koalitionsvertrag festzuschreiben. Das haben wir getan. Es ist vereinbart, "Regelungen zu treffen, die den Schutz des Kernbereichs privater Gestaltung optimieren und das Maß an Grundrechtsschutz durch Verfahren zu erhöhen. Daher werden wir auf Grundlage der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung das BKA-Gesetz daraufhin überprüfen, ob und in wieweit der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung zu verbessern ist."

Die drängende Forderung der Linken, jetzt die Befugnisse des Bundeskriminalamtes zur Online-Durchsuchung aufzuheben, ist momentan allerdings nicht notwendig. Denn es hat bis heute, und dies ist der Linken auch voll bewusst, noch keine Online-Durchsuchungen gegeben! Dies wurde in einer Antwort der Bundesregierung auf einer kleine Anfrage am 21. Mai 2010 bestätigt. Wir sind sehr froh, dass bis jetzt keine Verstöße gegen unsere Grundrechte durch diese Maßnahme stattgefunden haben, und wir werden, zusammen mit der Union, den Kernbereichsschutz im Bundeskriminalamtgesetz verbessern und die verfahrensrechtlichen Absicherungen erhöhen. Auf diese Weise werden wir sicherstellen, dass die Grundrechte unserer Bürger auch in Zukunft in keiner Weise untergraben werden.

Weiterhin ist wichtig zu bemerken, dass Ärzte und Journalisten, insbesondere aber Rechtsanwälte, unter ihnen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, Verfassungsbeschwerde gegen das BKA-Gesetz und gegen die heimliche Ausspähung von Computern eingereicht haben. Wir warten noch auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Sollte das Bundesverfassungsgericht entscheiden, dass die Online-Durchsuchung nicht Verfassungskonform ist, dann müssten natürlich Konsequenzen gezogen werden. Dann wäre eine Abschaffung der Online-Durchsuchung konsequent.

Der Antrag der Linken zur Aufhebung der Befugnis des Bundeskriminalamtes zur Online-Durchsuchung hat durchaus unsere Sympathie, aber wir können ihn nicht unterstützen. Eine Mehrheit im Bundestag hat sich für die Online-Durchsuchung entschieden. Das müssen wir momentan akzeptieren. Wenn das Bundesverfassungsgericht deutlich in eine andere Richtung weist, müssen Konsequenzen gezogen werden. Sicher ist aber, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben: Wir werden die Befugnisse des BKA sehr kritisch beobachten und evaluieren. Mit der FDP in der Regierung werden die Bürgerrechte nicht hintenangestellt.

2010-07-13

Rede zum Volksentscheid auf Bundesebene

Sehr geehrte Frau Präsident, werte Kollegen,

Winston Churchill sagte am 11. November 1947 bei einer Rede im Unterhaus: "Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind."

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland kannte er damals noch nicht. Dort ist ein demokratischer Rechtsstaat beschrieben der ohne Frage hohen Ansprüchen genügt.

Diese Demokratie gilt es behutsam aber beständig weiterzuentwickeln und zu verbessern.

Das haben wir Liberale immer gefordert und in vielen Anträgen dokumentiert. Hier steht aber heute ein Antrag der Fraktion die Linke zur Beratung der eben nicht den Anforderungen einer positiven Weiterentwicklung standhält.

Es geht hier darum ob und wie wir Volksentscheide auch auf Bundesebene haben wollen. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sich aus gutem Grund für eine repräsentative Demokratie entschieden.

Man muss die Ergebnisse von Volksbegehren und Volksentscheiden nicht immer mögen, um sich trotzdem für sie einzusetzen.

Darum geht es nämlich nicht. Sicherlich kann man solche Entscheidungen auch kritisch hinterfragen, als Bayer sei mir das heute erlaubt.

Aber das ist für mich kein Grund an der grundsätzlichen Richtigkeit von direkten Elementen in unserem politischen Gemeinwesen zu zweifeln.

Deswegen setzen wir Liberale uns für die Stärkung der direkten Demokratie ein, auf kommunaler Ebene, auf Länderebene, auf Bundesebene, und darüber hinaus auch auf der europäischen Ebene. Das habe ich ja unlängst an dieser Stelle klar dargelegt. Ich freue mich über bürgerliches Engagement und Initiative - besonders in der Politik.

Ich halte mehr plebiszitäre Elemente, eine Fortentwicklung der Demokratie für einen guten und richtigen Prozeß, auch wenn ich mit dem Blick nach Bayern manchmal daran verzweifeln könnte! Trotzdem - nein gerade deswegen bin ich großer Fan der Bürgerbeteiligung in den Ländern. Denken Sie nur daran wie selten die bayerische Verfassung geändert wurde weil nur das Volk diese Möglichkeit hat. Dem Grundgesetz hätte ein solcher Schutz manchmal nicht geschadet.

Die FDP-Fraktion hat ja in der letzten Wahlperiode einen Antrag zum selben Thema eingebracht: Wir wünschen uns, und zwar damals wie heute, dass die Bürger unseres Landes tiefgreifender an politischen Entscheidungen beteiligt werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine repräsentative Demokatie, daran soll auch in Zukunft kein Zweifel bestehen - und doch wollen wir auch dieses Haus für mehr Bürgerbeteiligung öffnen. Gerade die großen Fragen und die harten Entscheidungen können so durch die Beteiligung in ihrer Legitimation gestärkt werden.

Trotzdem lehne ich, lehnen wir den Antrag der Linken ab. Scheinbar haben Sie nichts dazugelernt seit den Diskussionen in der letzten Legislaturperiode, Ihr Antrag jedenfalls ist weitgehend derselbe. Immer noch sind die Schwellen die Sie anlegen viel zu niedrig. Wir wollen Beteiligung der Bürger, nicht aber die Diktatur durch Minderheiten!

Es muss sichergestellt bleiben, dass auch Volksinitiativen auf ähnlich breiter gesellschaftlicher Basis stehen wie die Entscheidungen dieses Parlamentes. Gleichzeitig darf aber die Hürde für die Beteiligung nicht unmöglich hoch oder abschreckend sein. Die FDP hat sich hier immer für eine Schwelle von 400 000 Unterstützern eingesetzt - dies erscheint mir immer noch eine an-gemessene Höhe zu sein.

Auch das Quorum, das Sie bei der zweiten Stufe, bei den Volksbegehren, anlegen sollte überdacht werden. Eine prozentuale Koppelung an die Ge-samtzahl der Wahlberechtigten erscheint mir deutlich sinnvoller als eine absolute Zahl, die unabhängig von der Entwicklung der Bevölkerungszahlen auf Jahre hinweg im Grundgesetz verankert wird!

Aber es gibt nicht nur inhaltliche Gründe Ihren Antrag abzulehnen, obwohl diese völlig ausreichend wären.

Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsfraktionen darauf verständigt, die Beteiligung der Bürger über die Reform des Petitionswesens auszubauen.

Dort heisst es: "Wir wollen die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung an der demokratischen Willensbildung stärken. Dazu werden wir das Petiti-onswesen weiterentwickeln und verbessern. Bei Massenpetitionen werden wir über das im Petitionsausschuss bestehende Anhörungsrecht hinaus eine Behandlung des Anliegens im Plenum des Deutschen Bundestags unter Beteiligung der zuständigen Fachausschüsse vorsehen."

Wir haben im letzten Jahr sehen können welche Dynamik eine solche Peti-tion bekommen kann. Ich selbst habe zusammen mit 134 000 engagierten Bürgern die Petition von Franziska Heine gegen Internetsperren gezeichnet und damit eine breite Debatte über politische Fehlentwicklungen ausgelöst.

Dieses Petitionsrecht wollen wir nun deutlich ausbauen.

Die Umsetzung hat für uns Priorität, weil es die Strukturen dieses Hauses mit einbezieht. Das heißt, dass das Plenum erfolgreiche Massenpetitionen an die zuständigen Ausschüsse überweisen kann, wo dann fachkundige Beratung stattfinden kann.

Wir haben nun seit 5 Jahren das Online-Petitionsverfahren, das die Interak-tion zwischen Bürger und Parlament endlich auf eine zeitgemäße Ebene gehoben hat. Durch die Ausbreitung des Internets stehen wir vor der Ver-wirklichung eines alten Traumes - nämlich der Beteiligung aller gesell-schaftlichen Gruppen am Meinungsbildungsprozess unserer Republik. Durch die öffentlichen Petitionen können wir Schichten erreichen, die der politischen Teilhabe früher ferngestanden sind. Der mündige und informierte Bürger kann seinen Anliegen nun öffentlich Gehör verschaffen und Mißstände anprangern.

Lassen Sie es mich noch einmal klar sagen: Ich bin für eine weitergehende Beteiligung der Bürger an der Politik, auch an Gesetzgebungsverfahren. Ich habe das ja erst in meiner Rede zur Europäischen Bürgerinitiative an dieser Stelle gesagt. Ich halte das für einen sehr interessanten und diskussions-würdigen Ansatz. Lassen Sie uns gemeinsam, Schritt für Schritt, unsere De-mokratie weiterentwickeln. Einen ersten, wichtigen Schritt werden wir nach der Sommerpause mit dem erweiterten Petitionsrecht tun.